Zum Wochenende mal ein kurzer Statusbericht:
Mein Lektor Daniele hat den zweiten Durchgang durch das Manuskript gemacht. In altbewährter Tradition fokussiert er sich bei seinen Kommentaren normalerweise auf das, was schlecht und zu verbessern ist. Er ist ein Lektor der alten Schule, der Lob für gefährlich hält, weil es immer besser geht und unnötige Bestärkung im Zweifel zu Nachlässigkeit führt. Und an dem, was gut ist, muss man schließlich nicht arbeiten. Es ist nicht der Rede wert. Zu seiner eigenen Überraschung hatte er diesmal ganz viel Lob zu und wenige Bedenken zu äußern. Anscheinend hat sich die intensive Arbeit am Manuskript in den letzten Wochen gelohnt, fast alle von ihm markierten Schwachpunkte waren nun gut. Einzig die Elisa-Figur bekam seinen scharfzüngigen Zorn ab. Als wir am nächsten Tag telefonierten, war es ihm aber ein Anliegen, das abzuschwächen oder zu revidieren. Nach der preussischen Sortiernacht erschien ihm auch der Teil doch ganz brauchbar. Ich war erleichtert, das zu hören, weil das Feedback der Testleser bisher ebenfalls angedeutet hat, dass die Figur der Elisa nicht nur ganz ok sondern ziemlich wichtig ist und sogar als Identifikationsfigur dient. Ich habe jetzt also noch einiges zu tun, aber es geht eher um Fleiß- und Detailarbeit, bei der mir weitere Testleser zur Seite stehen. Alles nimmt seinen guten Gang.
Auch die Arbeit mit Hye Jin nimmt Fahrt auf und bereitet mir Freude. Hier ist ihr neuer Entwurf zu Söderbergs Begräbnis. Ich hoffe, es gefällt Euch. (Das Bild ist nur ein Sketch und sie wird es noch einmal komplett farbig malen, aber schon in s/w gefällt es mir persönlich sehr gut. Die Rückmeldungen bisher sind auch sehr ermutigend.) In den nächsten zwei Wochen wird sie viel Zeit in ihrem Atelier verbringen. Ich werde also sicherlich bald neue Bilder zeigen können.
Es geht also tatsächlich auf die Zielgeraden. Es ist noch einiges zu tun, der Arbeitstitel »Berlin Metropolis – Rückkehr des Meisterschüler« geht in die richtige Richtung, aber überzeugt mich noch nicht. Marketingtechnisch gibt es einiges zu planen, aber auch in der Hinsicht tut sich gerade viel. Das Cover kann erst konzipiert werden, wenn Hye Jin die neue Welt von Metropolis etwas mehr zum Leben erweckt hat. Die nächsten Wochen werden intensiv, ich freue mich sehr darauf …
Als kleinen Vorgeschmack hier noch eine kleine Textprobe aus Berlin Metropolis #2
»Vasquez gab Schindler ein Zeichen und lief so schnell und leise er konnte zum Tor. Dunkelheit umfing sie, als sie von ihrem Versteck hinter dem hölzernen Tor mit klopfendem Herzen nach draußen horchten. Wind rüttelte an ein paar vom Dach baumelnden Kabeln und in der Dunkelheit raschelten die Ratten. Sie schienen Glück gehabt zu haben.
Es dauerte, bis sie sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, dann aber sahen sie den riesigen Schatten in der Hallenmitte.
»Der Zug«, flüsterte Schindler und eilte darauf zu. Alle Türen standen offen und Vasquez frohlockte bereits, doch alle Waggons waren nicht nur leicht zugänglich, sondern auch absolut leer. Es gab keine Ladung, es gab keine auffälligen Merkmale. Nur die Einschusslöcher zeigten, dass sie tatsächlich vor dem richtigen Zug standen.
Um Atem ringend blieb Vasquez stehen. All das Risiko war also für die Katz. Die Männer konnten jederzeit wiederkommen und sie hatten nichts weiter entdeckt als einen alten, leeren Zug.
»Hierher, Manni«, hörte er Schindler aus der Dunkelheit und wollte ihn erst anfahren. Dann registrierte er die Aufregung in seiner Stimme. Er eilte zu ihm und sah auf den weißen Fleck, den er mit seinem Feuerzeug ausleuchtete.
»Die sind an dem Kabel hängengeblieben und etwas hat sich in der Nische festgesetzt. Und zwar nicht der Schnee, der gestern vom Himmel gefallen ist, sondern etwas, das sehr viel teurer ist.«
Er zog ein Tütchen aus seiner Manteltasche und ließ das weiße Pulver dort hineinrieseln.
»Jetzt aber nichts wie raus«, zischte Vasquez und eilte zum Tor. Motorengeräusche ließen sie zusammenfahren. Auch Stimmen nährten sich von rechts der Halle. Offensichtlich hatten die Männer nur Verstärkung geholt.
»Hinten raus, schnell«, flüstere Vasquez und eilte voran. Die Dunkelheit wirkte angesichts ihrer Eile noch bedrohlicher. Das Innere des Schuppens war ein einziges Stück hämischer Finsternis. Wie durch ein Wunder fiel keiner von beiden, aber noch bevor sie das andere Ende der Halle erreicht hatten, hörten sie hinter sich einen schrillen Schrei. Licht flammte auf und zeigte ihnen eine Tür, aber den Männern durch das einfallende Licht eben auch ihre fliehenden Ärsche.
Mit der Kraft der Verzweiflung beschleunigten sie erneut. Sie warfen sich im Kugelhagel hinter den letzten Waggon und robbten zur Tür. Vasquez betete, dass sie sich öffnen ließ und dass niemand draußen wartete. Seine erste Bitte wurde erhört, die zweite offensichtlich nicht, denn als sie nach draußen stoben, flogen ihnen von rechts bereits Kugeln um die Ohren.
Sich auf den Boden zu werfen, wäre dem Tode gleichgekommen. Mit dem Mut der Verzweiflung strebten sie Haken schlagend auf das äußere Ende der Hallenwand zu. Kugeln schlugen neben ihnen in die Wand ein. Als Vazquez in wilder Hatz hinter der Ecke auf einen Rohrstapel zulief, war auch Schindler noch hinter ihm, den Schrecken im Gesicht, aber offensichtlich unverletzt.
Sie rannten weiter. Schindler deutete am Ende eines Rohrstapels auf das ferne Bahnhofsgebäude und wollte den Endspurt einläuten, aber Vasquez hielt ihn zurück. Er bedeutete ihm zu schweigen und schob ihn in eines der Rohre. Möglichst leise keuchend horchten sie in die Stille.
»Bist du lebensmüde?« Schindler war außer sich. »Ich meine, die killen uns doch.«
Vasquez legte ihm wütend den Finger auf die Lippen und horchte nach draußen.
»Hast du die Waffen gesehen? Das waren moderne Automatikwaffen. Auf jeden Fall moderner als das Zeug, das wir haben.«
»Und? Ein Grund mehr abzuhauen«, flüsterte Schindler.
»Eben nicht. Die kommen nicht von hier. Auch Adolf darf solche Waffen nicht haben, und ich glaube, er hält sich daran. Dass die Politik ihn trägt, ist schließlich seine Geschäftsgrundlage.«
»Und das heißt?«
»Das heißt, dass das nicht seine Männer waren und die auch zusehen werden, dass sie Land gewinnen, nachdem sie hier so schön auf sich aufmerksam gemacht haben.« Ein weiteres Mal horchte Vasquez, dann robbte er aus dem Rohr. »Die sind weg, und wir sollten jetzt tatsächlich schleunigst abhauen. Eine Schießerei pro Tag reicht mir nämlich. Selbst in Anbetracht der dramatischen Nationenlage.«
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