Die Tage am Schreibtisch beginnen gerade sehr früh, heute schon um 5.00. Ein guter Geist liegt über allem, die Dinge fügen sich. Ich werde im Januar Vater und freue mich auf alle Herausforderungen. Manchmal ist es hart, die Selfie-Kollegen zu beobachten, wie sie alle drei Monate einen neuen Liebesroman in die Top 20 schießen. Man bedenkt dann, wie hart man arbeitet und Gas gibt und fühlt sich trotzdem nicht schneller als eine Schnecke. Aber es ist ein großer Zug, den ich anschiebe. Ich habe meinen Frieden damit gemacht, dass er genau so sein soll und weiß, dass ich ihn ins Rollen bringen werde. Bald!
Heute bin ich beim Überarbeiten auf eine Stelle aus Buch II gestoßen, die mich bewegt hat und die ich deswegen posten möchte. Dazu gibt es ein Bild aus Buch I, aber es passt nunmal sehr gut.
»Castorf hatte seine alte Trauer mit Entschlossenheit überwunden und war nach dem Ende des Falles so in sich zusammengefallen, dass er sogar aufgehört hatte, Fragen zu stellen. Er war ziellos durch die Stadt geirrt und musste es nun fertig bringen, zwei Tote zu beweinen. Mit geschlossenen Augen blies er in die Trompete und intonierte »This Masquerade« und musste die Trompete absetzen, weil ihm die Luft weg blieb. Starrte auf die Lilien und wagte einen neuen Versuch. Hängte sich an die Töne, damit sie ihn trugen und spielte dabei so umwerfend fragil und schön, dass Maxim seine Tränen erst bemerkte, als sie vor ihm auf den früh verwelkten Rasen fielen.
Maxim dachte an den kahlköpfigen Mann am offenen Grab, der so viel in seinem Leben verloren hatte. An Castorfs Authentizität und die gute Seele, die sich hinter seiner rauen Schale immer jeglicher Anbiederung und Vereinnahmung widersetzt hatte und genau deswegen vom System in Gänze vereinnahmt worden war. Maxim dachte an ihn und an Perez, die ihm in einen langem Brief ihre Liebe erklärt und ihr Beileid ausgesprochen hatte, im Endeffekt aber mit all den schönen Worten ausgedrückt hatte, dass sie nicht zu ihm halten konnte. Dass sie auf irgendeiner einsamen Insel ihr Leben und ihre Toten sortierte und keinen Raum für ihn hatte.
Maxim dachte an sie und die Ängste bezüglich der Verbindung mit dem Scherbenhain-Boss Siegmeier, die wohl nur Paranoia waren. Mit allem, was er in sich finden konnte, wünschte er sich, sie an seiner Seite zu haben und schwor, dass er alle Wut und Zweifel verblassen lassen würde. Er schwor sich, stark zu sein, wenn sie zu ihm zurück kam und umspülte mit seinen Tränen die Erkenntnis, dass auch das nicht in seiner Macht lag. Dass im Leben nie etwas von einer Lüge bereinigt worden war, so gut und liebevoll sie auch gestrickt war.«
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